Samstag, 16.6.2018:

Abfahrt 08:30 Uhr in Unterkulm. Nach 626 km und einer Fahrzeit von 6 h 16 min. erreiche ich das Hôtel Glanum in Saint-Rémy-de Provence. Ich besuche gleich Les Antiques, welche 100 m oberhalb des Hotels sind. Das Juliermausoleum (30 v. Chr., 18 m hoch) und der Triumphbogen (20 n. Chr.) sind die besterhaltenen römischen Denkmäler der Provence. Anschliessend mache ich einen langen Sonnenspaziergang durch die eindrückliche Ausgrabungstätte von Glanum. Der Ort war schon im 7. Jahrhundert vor Christus von den Salluviern bewohnt und war später ein griechisches Handelszentrum (3. Jahrhundert v. Chr.) und ab dem 1. Jahrhundert eine blühende römische Kolonie. 260 wurde sie durch den Alemannensturm zerstört, aufgegeben und erst 1920 wieder entdeckt und systematisch ausgegraben. Es ist eine der bedeutendsten antiken Fundstätten in Frankreich. Nicht weit entfernt liegt das Kloster Saint Paul de Mausoleum. In die damalige Irrenanstalt hat sich Van Gogh 1889 selber eingewiesen. Die Qualität des Lichts und die gleissende Schönheit der Landschaft, die er in Saint-Rémy entdeckte, faszinierten und inspirierten ihn; gleichzeitig war er glücklich und erleichtert, bei den Nonnen und beim Pflegepersonal auf Verständnis und eine ausgeglichene Atmosphäre zu stossen. Innerhalb eines Jahres schuf er beinahe 150 Gemälde und zahlreiche Zeichnungen. Diese Zeit in Saint-Rémy wird als die wichtigste Periode im Werk von Vincent van Gogh angesehen. Er verlies Saint Rémy am 16.5. 1890 Richtung Auvers sur Oise, wo er sich gut 2 Monate später, am 29.7.1890, erschoss. Vom Kloster aus führt ein Weg durch Van Goghs Landschaft, der mit 21 Reproduktionen gesäumt ist. Ich besichtige sein ärmliches Zimmer. Abends spaziere ich durch Saint-Rémy, besichtige das Haus von Nostredamus, den  Nostredamusbrunnen und geniesse in der beschaulichen Kleinstadt meinen ersten Rosé. Beim Nachtessen und dem 2. Rosé kann man die Leute beobachten und seine Gedanken fliegen lassen.

 

zu «Haikus vom Camarguetrail»                                                                                                                                                                                                                                             Bilder zum Vergrössern anklicken

Sonntag, 17.6.2018:

Heute unternehme ich eine tolle Tagestour. In der Ferne steigen die schroffen Felsen von les Baux-de-Provence empor. Ich steige unter der heissen Sonne vorbei an vielen Touristen hinauf zur berühmten Burg, in der im 12. und 13. Jh. das höfische Lebens und das Rittertum kultiviert wurde und die Troubadoure von weit her nach Les Baux drängten. Unter der Herrschaft der Familie Manille geriet Les Baux unter die Kontrolle der französischen Krone. Der Ort wurde ein Zentrum der Hugenotten. Im Zeitalter der Religionskriege schuf eine misslungene Revolte gegen König Ludwig XIII. den Vorwand, 1632 die Burg zu belagern und 1633 durch die Bewohner der Stadt schleifen zu lassen. Zuoberst im Turm kann man unter den wehenden Winden den Blick rundum in die Ebene und die Alpilles schweifen lassen. In der Nähe von Les Baux befinden sich die Carrières de Lumières, ein alter Bauxit-Steinbruch, in dem in 14 m hohen, hellen und überdachten Kalksteinwänden eine grossartige Mulitmediashow gezeigt wird. Ich sitze auf einem Stein im Dunkeln, höre zu, schaue und staune.

Weiter geht es nach Fontvieille, wo ich zuerst die Mühle von Daudet besuche. Daudet hat nie hier gewohnt, aber ab 1866 die lettres de mon moulin geschrieben hat, die noch heute seinen Ruhm begründen. Leider ist das Château de Montauban, wo Alphonse Daudet während seiner letzten Lebensjahre lebte, geschlossen. Nach einer grossen Pizza für 8 € in der Stadt besuche ich noch eine schöne Quelle, das Lavoire und das römische Aquädukt ausserhalb der Stadt. Ein weiterer Höhepunkte ist die Abbaye de Montmajour vor Arles. Die Kirche wurde 948 von Benediktinern gegründet. Die kleine Abtei Saint-Pierre wurde zu einer vielbesuchten Pilgerstätte, die die Einnahmen aus dem Ablass dazu nutzte, um die Sümpfe trockenzulegen. Sie dehnte sich zu einem dichten Netz von bis zu 54 Prioreien aus und erweiterte rasch ihren Einfluss auf die gesamte Provence aus. Im 11. Jh. wurde sie die Grablege der Grafen der Provence. Ich steige die 125 Stufen des Turmes über der grossen romanischen Felskirche hinauf und geniesse auch hier das Panorama der Alpillen und der Crau. Über die Autobahn fahre ich weiter nach La Roque-d'Anthéron zur einzigartigen Abbaye de Silvacane (silva bedeutet «Wald» und cana «Schilf»), die um 1145 von den Zisterzienser gegründet wurde. Wie bei meinen letzten Besuchen berührt mich die grosse Leere und Stille im Kirchenschiff, der Kreuzgang und die einfachen, farbigen, romanischen Fenster. Nach kurzer Fahrt bin ich in Lauris im Mas de Recaute/Cap Rando, wo ich beim Apéro den Tourenführer Didier und die Tourenteilnehmer treffen. Dies sind Rita und Steffan, Margret und Katrin (Deutschland), Maria (Holland), Laure und Kate.

Montag, 18.6.2018:
Am Morgen gibt es zuerst die Zuteilung der Pferde: Rita (Brutus), Steffen (Quesaco), Kate (Spirit), Fred (Carmen – wie letztes Jahr), Maria (Thunderstorm), Laure (Sendero), Margret (Apache), Katrin (Escudo). Nach dem Putzen und Satteln reiten wir um 10:30 vom Cap Rando weg. Es geht dem Südhange des Luberon
entlang, auf engen Wegen durch Föhrenwälder und Steinpfaden in die Ebene der Durence, dann in Zweierreihe durch einen Kreisel und weiter auf Feldwegen zwischen Kanälen. Die Gruppe reitet gut, aber es wird viel Englisch gesprochen.

Ein Höhepunkt des Tages ist die Durchquerung beim les Martines der seichten Durence. Am Mittag gibt es ein gut vorbereitetes Picknick von Pierrot. Didier lässt Rita und mich die Pferde tauschen. Ich bekomme das gefleckte und sehr gutmütige Monsterpferd Brutus, eine Mischung zwischen Appalosa und Kaltblut. Es ist einfach zu reiten, geht gut vorwärts und kann auch als Führpferd eingesetzt werden. Um 16:15 kommen die Pferde auf eine Weide bei der Gîte le Pas des Lanciers bei Mallemort. Wir fahren mit dem Bus nach Mérindol in die Bastide de la Roquemalière. Nach einem sehr guten Nachtessen (Hühnchen in Honig) muss ich noch zu meinem auswärtigen Zimmer marschieren.

Dienstag, 19.4.2018:
Nach dem Morgenessen um 8 Uhr fahren wir zu den Pferden bei der Gîte le Pas des Lanciers. Beim Putzen von Brutus entdecke ich kleine wunde Stellen auf dem Rücken, die mit Salbe behandelt werden. Um 10:30 reiten wir weg und sind bis 12:30 am Nordfusse der Alpilles unterwegs. Zuerst reiten wir entlang eines braunwässerigen Kanals, dann vorbei an Apfelplantagen, Zucchinifeldern, blühendem Liguster und ebenen Weinbergen. Vor Lamanon überqueren wir die Autobahn und gelangen in einen lockeren Föhrenwald und vorbei an einem römischen Steinbruch. Nach dem Picknick mit Quinoa geht es weiter entlang schöner Blumenwiesen, vorbei an der Burg der Reine Jeanne und dem Château Roquemartine. Ein steiler Weg führt vorbei an den Elefantenfelsen durch Macchie hinauf auf Les Plaines. Weitgefächert durchreiten wir in eigener Spur ruhig die Garriguehochebene mit lockerem Buschbestand. Zu Fuss geht es dann ebenso steil hinunter bis zur Kapelle St. Sixte (Papst der VI) und Richtung Eygalières. Um 16:45 erreichen wir die Gîte La Sariette von Monique und René. Nach dem ersten und zweiten Apéro und dem sehr guten Barbecue-Nachtessen sitzen wir bis 23 Uhr zusammen und lauschen den spannenden Erinnerungen der beiden alten Camargue-Gardian (René 65 und Pierrot 68).

Mittwoch, 20.6.2018:
Unter einer heissen Sonne marschieren wir um 10:15 Uhr zu Fuss los und steigen erst nach ca. 2 km auf. Dann reiten wir entlang der Alpilles unter Felsrippen durch Föhrenwald, vorbei an einer Ruine und einem Segelflugplatz. Kurz vor Saint Rémy erreichen wir die Via Domitia, die mit einem römischen Meilenstein gekennzeichnet ist. In Saint Rémy geht es vorbei am Kloster Saint Paul de Mausole aus dem 12, Jahrhundert, in dem Van Gogh 1889 ein Jahr lang eingewiesen war. Bei Les Antiques schalten wir ein kurzen Halt zu Besichtigung des Mausoleums und des Triumpfbogens ein. An einem kleinen See oberhalb von Saint Rémy geniessen wir das Picknick. Auf steinigen Pfaden überqueren wir die Alpilles und gelangen zu einem Aussichtspunkt oberhalb Les Baux, wo wir die prächtige Aussicht Richtung Meer geniessen. Zu Fuss geht es noch etwas abwärts, bis zum Pferdeverladeplatz. Die Pferde werden nach Astouin in der Camargue gebracht. Wir haben eine Stunde Zeit Les Baux zu besichtigen. Da ich dies ja schon am Sonntag gemacht habe, geniesse ich eine Glacé, einen Rosé und schreibe meine Haikus. Dann fahren wir im Bus vorbei an der Abbaye de Montmajour nach Arles, wo uns Kate nach drei Tagen verlässt. Wir erreichen nach etwa einer Stunde das Hotel Mas de Sylvéréal. Wiederum gibt es ein gutes Nachtessen und interessante Gespräche.

Donnerstag, 21.6.2018:
Am Morgen reiten wir an grünen Reisfelder, Stier- und Pferdeweiden vorbei und galoppieren zwischen hohen Schilfhecken. Wir kommen zum bewachten Tor beim Eingang zur Domaine du Grand Radeau. Dann führt uns ein Damm der Kleinen Rhône entlang bis zum Bac Sauvage, wo wir nach kurzer Wartezeit mit den Pferden auf die Fähre können. Wir durchqueren einen langezogenen, breiten und halb ausgetrockneten Teich. In Linie folgen wir den Pfosten, die den begehbaren Weg durch das Wasser anzeigen. Ein grosser Teil der Ebene ist ausgetrocknet, der salzweisse Boden in Spinnennetzen aufgesprungen. Dann folgen wieder feuchte Strecken mit schwarzem Morast und tiefen Hufabdrücken. Über eine kleine mit Pinien bewachsene Anhöhe gelangen wir ans Meer, wo im langen Sandgalopp sogar mein schweres Pferd mithalten kann. Im weitem Halbbogen kommen wir zum Eingang der Domaine zurück, wo Pierrot mit dem Picknick wartet. Um nach Saintes-Maries-de-la Mer zu gelangen müssen wir nochmals die Fähre beim Bac Sauvage nehmen. Die Wartezeit reicht für einen kühlen Trunk.
Vorbei am Mas von Lorenzo (der fliegende Franzose) erreichen wir nach etwa einer Stunde das schöne Hôtel Le Maset, wo die Pferde direkt neben dem Hotel auf die Weide können. Die Zeit bis zum Apéro und Nachtessen in Saintes Maries benutze ich zum Besuch der Wehrkirche, die die Camargue und die Stadt überragt. Sie diente im 9. bis 12. Jahrhundert als Schutz für die häufigen Piratenangriffe. In der Krypta steht die Statue der heiligen Schwarzen Sara, der Patronin der Zigeuner. Sie soll um das Jahr 40 mit den drei heiligen Frauen Maria Magdalena, Maria Salome von Galiläa und Maria des Kleophas per Schiff nach Südfrankreich gekommen und ihre Dienerin gewesen sein. Jedes Jahr findet die berühmte Wallfahrt der Zigeuner statt, bei der die Reliquien ins Meer getragen werden. Ich zünde in der Krypta Kerzen an und gehe weiter zur Arena am Strand. Hier steht die Skulptur des berühmtesten Camarguestieres Vovo aus der Manade von Folco de Baroncelli. Der Abend endet mit einem Gesangskonzert des einheimischen Chores vor der Kirche und einer feinen Pizza.
Das Kreuz der Camargue ist in Saintes Maries allgegenwärtig. Es symbolisiert die drei Haupttugenden: Kreuz mit drei Trident-Dreizacken der Guardian (Glaube), der Anker der Fischer (Hoffnung) und das Herz (Liebe), welches an die heiligen Marien Maria Magdalena, Maria Kreophage und Maria Salome erinnert, die hier Zuflucht fanden.

Freitag, 22.6.2018:

 

Am letzten Reitag begrüsst uns die Sonne, mit einem hellblauen Prevencehimmel und zu ersten Mal mit etwas Wind, welcher in der Hitze ein wenig kühlt. Der Reitmorgen ist fantastisch. Wir reiten an Saintes Maries vorbei Richtung Osten zum langen Sandstrand. Die Augen nehmen viele Impressionen auf – ein weisser Reiher der auffliegt, grüne und braue Tümpel, ein einzelner Flamingo, Farben, der grosse Himmel, das weite Meer, der helle Sand, weisse Salz- und schwarze Morastflecken, weisse Pferde, dunkle Stiere, der lange Damm, die Silhouette der Wehrkirche von Saintes Maries, gelbe Grashalme, die weite Ebene, eine Möwe in der Luft, runde Kiesel am Strand, Pferdespuren und dann der Höhepunkt des ganzen Rittes: der Strand ist leer und nun folgt ein kilometerlanger gestreckter Galopp in Linie an der Grenze des Wassers zum feuchten Sand. Am Ende freuen sich die Reiter, lachen und wenden ihr Pferd kurz ins Meer hinein. Der Rückweg führt über einen langen Damm, vorbei am Etang L`Impérial, in dem hunderte Flamingos stehen. Einer liegt tot am Weg mit im schwarzen Schlamm. Von weitem leuchten seine roten Federn. Wir kommen zurück zum Hotel, die Pferde können nochmals auf die Weide, und wir geniessen das letzte Picknick. Am Nachmittag reiten wir zwei Stunden über weisse Salzflächen dem Etang de Vaccarès entlang und vorbei am Mas Cacharel.  Nach einem letzten Galopp erreichen wir die Domaine de Méjanes, wo die Pferde verladen werden. Wir fahren in 1 ½ h mit dem Bus und erreichen um 18 Uhr unseren Ausgangspunkt das Mas de Recaute in Lauris.

Wieder ist ein tolle Reitwoche zu Ende. Mit Didier «dem besten Führer der Woche» hatten wir einen erfahrenen und ausgezeichneten Tourenführer. Die mehrheitliche junge Gruppe war fröhlich, ausgeglichen und sicher im Reiten. Die Pferde, die Unterkunft, das Essen und der Wein waren gut. Aber am schönsten waren die abechslungsreichen Landschaften vom Luberon über die Alpilles bis zu Camargue.