Haiku (jap. 俳句«lustiger Vers») ist eine japanische Gedichtform. Traditionell besteht das Haiku meist aus drei Wortgruppen von 5 – 7 – 5 Lauteinheiten. Mit insgesamt 17 Silben ist das Haiku die kürzeste Gedichtform der Welt. Es beschreibt ein Bild aus der Natur und gibt mit Schlüsselwörtern die Jahreszeit zu erkennen. Seit dem 16. Jahrhundert sind diese dreizeiligen Kurzgedichte die verbreitete lyrische Ausdrucksweise der Japaner. Sie werden nicht nur von Dichtern, sondern - vom Bauern bis zum Kaiser - von allen Schichten des Volkes geschrieben. Zu den bedeutendsten Haiku-Dichtern zählen Matsuo Bashō (1644-1694), Yosa Buson (1716-1783), Kobayashi Issa (1763-1827) und Masaoka Shiki (1867-1902). Bashō ermöglichte die Anerkennung des Haiku als ernsthafte Literatur. Shiki gilt als Begründer des modernen Haiku. Er war es, der den Begriff Haiku prägte (gegenüber dem älteren Haikai oder Hokku).

 

 

·       ein feines, sprachliches Kunstwerk

·       eingefangen in den 17 Silben eines Dreizeilers (5-7-5)

·       ein Schnappschuss, ein Holzschnitt, ein Aquarell

·       eine mit knappen Worten festgehaltene Impression (Sinnesempfindung, Erlebnisaugenblick)

·       ein flüchtiger Augenblick, in dem man meint, etwas vom Sein der Dinge (vom Leben) verspürt zu haben

·       die innere Klangwelt wird in Worte gefasst, eine Meditation

·       die Wirklichkeit der Welt mit allen Sinnen erleben

·       ein Naturgedicht, das die Ehrfurcht vor den Erscheinungen der vier Jahrszeiten der Natur spiegelt

·       eine seit dem 16. Jahrhundert verbreitete, lyrische Ausdrucksweise der Japaner

·       Im Text wird nicht alles gesagt, Gefühle werden nur selten benannt.

·       Unverzichtbarer Bestandteil von Haiku sind Konkretheit und der Bezug auf die Gegenwart.

 

 

Entstehung des Haiku: Mit der Einführung chinesischer Schriftzeichen im Jahre 375 n. Chr. wurden die ersten japanischer Gedichte aufgeschrieben. In einer der ältesten erhaltenen japanischen Lyriksammlung finden wir beinahe 5000 Gedichte, von denen etwa 4000 Tanka Gedichte sind. Tanka ist ein fünfzeiliges Gedicht (5-7-5 Oberstrophe und 7-7 Unterstrophe), in welchem die Japaner im 8. und 9. Jahrhundert eine feste Gedichtform zum Ausdruck ihrer Gefühle fanden. Diese Art von Dichtung wurde nicht nur von Dichtern, sondern vom ganzen Volk gepflegt. Es entstanden oft Kettengedichte mit über 1000 Strophen, welche von verschiedenen Personen verfasst wurden. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich der Hokku (die Oberstrophe) zum selbstständigen Gedicht, zum Haiku, der sich bis heute an die knappe Form von 5-7-5 Silben (im Japanischen «Laute») hält. Die Blütezeit des klassischen Haiku fällt zusammen mit der Blütezeit des Zen-Buddhismus im 17. und 18. Jahrhundert. Viele der bekannten Haiku-Dichter waren Zen-Mönche und Maler. Im Zentrum der Lehre steht der Gedanke, dass im Grunde jeder kleinste Gegenstand eine Erscheinungsform Gottes (Buddha) ist. So kann in jedem noch so unscheinbaren Ding (im Duft der Blume, im Springen eines Fisches) ein tiefer Sinn und die Schönheit des Lebens erfahren werden. In der Edo-Zeit (1603-1867), einer Zeit des langen Friedens konnten sich die drei grössten Haiku-Dichter (Basho, Buson, Issa) entfalten.

Themen und Leitmotive des Haiku: Das Vorübergleiten der Jahreszeiten und die Natur, in denen sich oft die Seelenlage des Menschen spiegelt, waren und sind ein unerschöpfliches Thema. In der Landschaft verschwindet der Mensch, er ist Teil davon. Der Dichter tritt zurück, das Wort «ich» kommt selten vor. Im Vordergrund stehen Leitwörter wie: Berg, Fluss, See, Wind, Vogel, Wasser, Regen Hitze, Kälte, Gras, Hrähe, Glocke, Brücke, Kirschblüte, Dunst, Sturm, Nebel, Baum, Hauch, Wolke, Frisch, Blatt, Schnee, Einsamkeit, Trauer, …